Sozialhilfe Neu – Tirol hat viel zu verlieren!!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Sehr geehrte Regierungsmitglieder!
Sehr geehrte Abgeordnete zum Tiroler Landtag!

Die Bundesregierung hat nach monatelangem Lavieren nun ihre Eckpunkte zu einer neuen österreichweiten Mindestsicherung vorgestellt.  Der Gesetzesentwurf zur Novellierung hat unsere Befürchtungen bestätigt:  Die Mindestsicherung soll in ihrem Kern ausgehöhlt und zu einem Instrument der sozialen Ausgrenzung umgebaut werden.

Das „Bündnis Tirol“ ist ein Zusammenschluss von über 300 Einrichtungen, Institutionen und Dachverbänden in Tirol. Wir vertreten die gesamte Bandbreite von Menschen die durch Regelungen in der Mindestsicherung / Sozialhilfe unmittelbar in ihren Lebensverhältnissen betroffen sind.

Die Sozialpolitik der Regierung bereitet uns nicht nur Unbehagen, sondern erfüllt uns zunehmend mit Fassungslosigkeit und Zorn. Wir sind aber der Überzeugung, dass es noch nicht zu spät ist, dieser Politik der Menschenverachtung und Hetze entschieden entgegenzutreten. Ebenso sind wir davon überzeugt, dass es von Seiten der Bundesländer und der Gemeinden, wo immer es möglich ist, einen Schulterschluss braucht, der diesem Treiben ein Ende bereitet.

Sie, Herr Landeshauptmann, haben in den vergangenen Jahren wiederholt  gezeigt, wo die Grenze zwischen gesellschaftlicher Modernisierung und sinnlosem Abbau von hart erkämpften (sozialen) Rechten verläuft.   Die Novellierungen des „letzten sozialen Netzes“  in der Vergangenheit in Tirol waren von harten Einschnitten gekennzeichnet. Trotzdem blieben die Ziele und Grundsätze des Gesetzes, Armut und soziale Ausgrenzung zu verhindern, weiterhin erkennbar.

Die geplante Sozialhilfe NEU dagegen präsentiert sich in erster Linie als Disziplinierungs- und Bestrafungsinstrument und wird Menschen, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, in die chronische Armut führen.  Neben dem generellen Ausschluss von Menschen aus der „Sozialhilfe NEU“ (strafrechtlich Verurteilte, subsidiär Schutzberechtigte, …) sind u.a. auch Familien mit Kindern, behinderte Menschen, Pensionist*innen und auch Arbeiter*innen mit geringem Einkommen die großen Verlierer*innen dieser Novellierung.

Der „Spielraum“, der den Ländern neben der absoluten Deckelung eingeräumt wird, um regionale Unterschiede abzufedern, wird bei Weitem nicht ausreichen, um in Tirol zukünftig von einer Existenzsicherheit bzw. von der Beseitigung einer Notlage auszugehen.
Zusätzlich befürchten wir die Gefährdung des sozialen Friedens, da der Solidaritätsgedanke zur Gänze ausgehebelt, die Bevölkerung in „Leistungsträger und Leistungsempfänger“ aufgeteilt wird, ohne Berücksichtigung von strukturellen oder individuellen Rahmenbedingungen (niedrige Löhne, hohe Lebenshaltungskosten, Erkrankung, …).

Unabhängig von der unmittelbaren Auswirkung auf betroffene Menschen, wird bereits jetzt  von Jurist*innen die Verfassungskonformität dieses Gesetzesentwurfes angezweifelt.

Tirol hat vieles zu verlieren, wenn seine Bürger*innen nicht mehr auf das christlich-soziale Gewissen zählen können und soziale Kälte und Gleichgültigkeit gegenüber den Anderen das Leben bestimmt.

Herr Landeshauptmann, wir appellieren dringend an Sie, Ihr gesamtes politisches Gewicht einzusetzen, um die Sozialhilfe NEU in dieser Form zu verhindern! Gehen Sie mit Ihrem Team den mutigen Schritt und überzeugen Sie die Regierung in Wien, einen anderen Weg einzuschlagen! Noch ist es nicht zu spät.

Unsere Unterstützung und die von zehntausenden von Tiroler*innen, die wir vertreten, sind Ihnen gewiss. Bei einem persönlichen Termin würden wir mit Ihnen  gerne die Auswirkungen auf Menschen in Tirol im Detail besprechen.

Mit  besorgten Grüßen
die Unterzeichner*innen

Beilage
Stellungnahme zum Entwurf des Sozialhilfegrundsatzgesetzes des Bündnisses

Ergeht abschriftlich an den Bürgermeister der Stadt Innsbruck – Herrn Georg Willi
und an den Bundespräsisdenten Dr. Alexander Van der Bellen